Therese Bacon

Frauenbewegung in Siebenbürgen

Therese Bacon wurde am 27. Juni 1824 in Schäßburg als Tochter des späteren Bürgermeisters Michael Wenrich geboren. Schulunterricht hatte das Mädchen nur von seinem 5. bis 7. Lebensjahr genossen. Im Alter von neun Jahren beherrschte sie nach Aussage des Lehrers Lesen, Schreiben, Katechismus und Evangelienbuch, so dass die damalige Mädchenschule um das Jahr 1830 für sie nichts mehr zu bieten hatte.

Therese Bacon, geb. Wenrich
Therese Bacon, geb. Wenrich

Der große Schatz von Wissen und Bildung, den sie besaß, der wohlgeordnet und klar war, sowie die Kenntnis der französischen Sprache verdankte sie allein ihrem eigenen Fleiß und ihrem nicht zu stillenden Wissensdrang. Die deutschen Klassiker kannte sie gut; viele Gedichte Schillers konnte sie auswendig.

Schon im Alter von 14 Jahren wurde Therese mit einem bedeutend älteren Mann verheiratet. Diese Ehe wurde nach einigen Jahren kinderlos gelöst. Aus der zweiten Ehe mit Josef Bacon sollten später zehn Kinder hervorgehen, darunter die spätere Frauenrechtlerin Marie Stritt und der Arzt und Museumsgründer Josef Bacon. Neben ihrer häuslichen Arbeit blieb Bacon noch Zeit, rege am öffentlichen Leben teilzunehmen. Ihrer großer Verdienst war, geistige Selbständigkeit und Bildungsstreben in die siebenbürgisch-sächsische Frauenwelt hineinzutragen – in einer Zeit, in der die Frauen gerade erst begannen, sich von alten Anschauungen, Urteilen und Vorurteilen zu lösen.

Angesicht eigenen Leides erwarb Therese Bacon einen Blick für die Leiden anderer. Von zehn Kindern musste sie mehrere begraben. Am tiefsten erschütterte sie der Verlust des 14-jährigen, hochbegabten Alexander. Er machte sie auf Jahre hinaus dem Leben gegenüber unempfänglich – bis sie erkannte, dass man immer auf das sehen muss, was einem bleibt, nicht auf das, was man verlor. Die Frau dürfe nicht mit ihren Verlusten sterben und sich vom Leben nicht ermorden lassen.

Alexander Bacon (1859 bis 1873)

Nach dem Tod ihres Mannes Josef im Jahr 1885 wahrte sie ihre ökonomische Selbständigkeit: Sie führte selbstständig ihre umfangreiche Wirtschaft, einen großen Hopfenhandel und eine Fabrik. Ihre Reisen ins Ausland waren ihren Unternehmungen, in gleicher Weise aber auch ihrer geistigen Ausbildung gewidmet. Kopf und Herz gingen zusammen, wie überhaupt die siebenbürgisch-sächsische Frauenbewegung im allgemeinen lange an der Verbindung von wirklichem Leben und theoretischer Erwägung festgehalten hat.

Bacons Haus in Schäßburg wurde zum Mittelpunkt des geistigen Frauenlebens der Stadt. Frauen und Mädchen verschiedenen Alters und verschiedener Kreise fanden sich hier zusammen; es wurde viel vorgelesen und besprochen. Im Mittelpunkt des Interesses standen dabei auch aus Deutschland bezogene Frauenzeitungen.

Im Jahr 1883 richteten mehrere Kronstädter Frauen eine Eingabe an die Landeskirche, um die Anstellung weiblicher Lehrkräfte an den städtischen Mittelschulen zu erreichen. Das Gesuch musste mehrmals eingereicht werden, bis es schließlich Erfolg hatte. Dem Einwand der verantwortlichen Männer, es fehle für die Ausbildung von Lehrerinnen das nötige Geld, hatte Therese Bacon die Spitze genommen, in dem sie vorschlug, dass die Frauen dann selbst ihre Ausbildung finanzieren würden.

Therese Bacon beschloss ihr reiches Leben im Alter von 86 Jahren am 3. Februar 1911. Ihr Wirken reicht weit über ihren Tod in unsere Gegenwart.

Frauenvereine in Schäßburg

Hofansicht des „Bacon-Hauses“ in Schäßburg

Als erster Frauenverein in Schäßburg wurde 1884 der Evangelische Ortsfrauenverein gegründet, Schriftführerin und „Seele des Vereins“ war Therese Bacon. Nachdem der Verein es aber ablehnte, die Kronstädter Bitten an das Landeskonsistorium zu unterstützen, an Mädchenschulen auch weibliche Lehrkräfte einzustellen, legte sie ihr Amt nieder und trat aus dem Ausschuss des Vereins aus. Allwöchentlich traf sich in ihrem Haus ein Kreis von gleichgesinnten Frauen, deren Ziel es war, das Recht auf höhere Bildung für die Frauen zu erstreiten. Da wurden reichsdeutsche Frauenzeitungen gelesen, die Fortschritte der Bewegung verfolgt und besprochen. 1895 dann Gründung des Vereins für Frauenbildung, Therese Bacon wurde erste Vorsitzende des Vereins, der übrigens auch männliche Mitglieder hatte. Sie stand damals bereits im 71. Lebensjahr!

Hartnäckige Widersacher gab es hauptsächlich unter den führenden Männern in Hermannstadt. Es entspann sich ein Zeitungskampf im „Siebenbürgisch-Deutschen Tageblatt“, dessen Kernpunkt wieder die Anstellung weiblicher Lehrkräfte bildete. Vier Jahre wurde erbittert und hartnäckig auch gegen die Vermittlung von zu viel Wissen an Mädchen gefochten, bis sich die Frauen durchsetzten.