Wie die Bacons nach Siebenbürgen kamen
Von Richard und Johannes Ackner
Der Name Bacon ist von Nachfahren hierzulande schon immer als eine Besonderheit wahrgenommen worden. Bacon heißt auf englisch Speck. Aber richtige Speck-Sachsen sind „unsere“ Bacons nicht gewesen, sondern „Zugewanderte“. In England ist dieser Name sehr häufig – da gab es auch berühmte Namensträger, mit denen unsere sicher nichts zu tun haben. Aber wie kamen die Bacons nach Siebenbürgen und wo kamen sie her?
Die Frauenrechtlerin Marie Stritt geb. Bacon (1855-1928) sagt einiges dazu und ihr Bruder, Dr. Josef Bacon (1857-1941), der Schäßburger Stadtphysikus und Begründer des Heimatmuseums im Stundturm, ebenfalls – aber es sind mehr Fragen als Antworten. Hier die Passagen aus dem Abschnitt „Familienchronik“ des von Josef Bacon angelegten Stammbuches:
„Von meinem Vater habe ich es als eine allerdings unverbürgte Familien-Überlieferung gehört, daß unsere Familie aus den Niederlanden eingewandert sei. Da diese, d. h. das heutige Belgien, unter habsburgischer Herrschaft standen, als der erste in Siebenbürgen urkundlich bezeugte Bacon einwanderte, der in kaiserlichen Diensten gestanden hatte, so ist diese Überlieferung sehr glaubwürdig. Wir können dann aber wohl noch einen Schritt weiter gehen in der Verfolgung des Ursprungs der Familie. Der in England so ungemein verbreitete Name und die katholische Religion, der meine Vorfahren angehörten, legen die Vermutung sehr nahe, daß der Vater oder Großvater des nach Siebenbürgen eingewanderten als Anhänger der vertriebenen Stuarts gelegentlich der in England stattgefundenen Verfolgung der katholischen Anhänger des entthronten Königshauses in die kaiserlichen Niederlande gekommen sei.
Ob diese Vermutung richtig oder unrichtig ist, weiß ich nicht, aber ich habe sie immer gern geglaubt. Es ist mir als gutem Lutherischen Protestanten stets ein angenehmer Gedanke, daß unsere Vorfahren als überzeugte Katholiken ihrer religiösen und politischen Überzeugung opferbereit die Treue gehalten haben. Möchten doch meine fernsten Nachkommen ihrer jeweiligen Überzeugung die gleiche Treue bewahren. Denn nicht, was unsere Überzeugung ist, sondern wie wir im Leben für sie eintreten, das bestimmt den Wert des Menschen.
Die ersten urkundlich bezeugten Nachrichten über die Familie Bacon gehen bis auf das Jahr 1771 zurück. Da erscheint in der Taufmatrikel der Schäßburger katholischen Kirche, die bis auf das Jahr 1725 zurückgeht, unter dem 11. Januar 1771 eingetragen die Taufe der Barbara Josepha, deren Vater Johann (richtig Joseph Mathias) Bacon, chirurgus Regim. Anspach und dessen Mutter Barbara hieß.
Die erste sicher den Urgroßvater betreffende Eintragung findet sich vom 9.5.1773 und betrifft die Taufe der Maria Elisabetha Bacon, Tochter des Mathias Josephus Bacon, expeditor postae und seiner Gattin Barbara.
Es sollen in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts drei Brüder Bacon aus Dusemond in Belgien eingewandert sein. Von einem ist gar nichts bekannt, nicht einmal der Taufname.“
Das Rätsel ist gelöst
Das Rätsel ist inzwischen gelöst, das (mutmaßliche) Verbindungsglied der Bacons nach England gefunden! Es handelt sich um einen gewissen Josephi Bacon, der 1651 in Bradfield nahe der Stadt Sheffield geboren wurde, das in der heutigen Grafschaft South Yorkshire liegt. Seine Familie lässt sich in der Gegend bis zu einem John Bacon zurückverfolgen, der 1458 ein Dorf weiter geboren wurde.
Bei der Recherche hat das Internetportal Ancestry geholfen, über das man auf viele Millionen Einträge in Kirchenbüchern, Tauf-, Sterberegistern und dergleichen zugreifen kann. Man braucht nur das Ende eines Fadens und kann sich daran bis in die graue Vorzeit entlanghangeln. Man muss also nicht mehr in jedem Fall selbst von Kirche zu Kirche pilgern und die schwer leserlichen Kirchenbücher nach Vorfahren durchforsten. Die Engländer scheinen ihre Bücher gut geführt zu haben; auch gab es dort ja nicht so viele Kriegsverluste wie auf dem Kontinent.
Aber weiter mit den neuen Erkenntnissen: Der junge Josephi Bacon muss sich mit seiner Frau Margaretae um 1670 von Bradfield aus auf den Weg über den Ärmelkanal gemacht haben. Ob er als Katholik aus religiösen Gründen losgezogen sein könnte, muss noch recherchiert werden – genau erfahren werden wir es wohl nie.
Hier kommen wir langsam in bereits bekannte Gefilde: Das Paar landete schließlich in Sankt Vith im heutigen Belgien; damals wurde in der Gegend vermutlich viel deutsch gesprochen. 1672 kam in Sankt Vith Sohn Josephus Bacon zur Welt – doch die Familie sollte dort nicht bleiben. Sie zog weiter in das gut 90 Kilometer entfernte Veldenz an der Mosel im heutigen Rheinland-Pfalz. Dort heiratete der Sohn eine Anna Beer – sie wird zur weiteren „Eindeutschung“ der Familie beigetragen haben.
Den Sprung nach Schäßburg wagte wohl dessen Enkel Joseph Mathias Bacon. Er wurde 1735 noch in Dusemond geboren, kaum eine Stunde Fußmarsch von Veldenz entfernt. Im Stammbaum des „Bacon-Buches“ ist sein Beruf mit „Senator in Schäßburg“ angegeben. Mit seinem Sohn Josef Traugott sind wir schließlich in einer gut dokumentierten Zeit angekommen. Von dessen Frau Elisabeth Schuster, geboren 1801, gibt es ja bereits eine Fotografie …
In jeder Bacon-Generation ist ein neuer Familienzweig hinzugestoßen, der wiederum in die Vergangenheit verfolgt werden kann. Dabei tauchen so interessante Namen wie Loxley, Broomhead oder Archdale auf. Besonders interessant sind hier die Loxley-Vorfahren, die sich über Josephis Urgroßmutter Jane Loxley (1566-1613) in den Bacon-Stammbaum eingereiht haben. Der Loxley-Zweig kann derzeit bis zum Beginn des 15. Jahrhunderts zurückverfolgt werden! Die Loxleys stammen – wie unser Josephi – aus Bradfield, keine sieben Meilen vom Örtchen Loxley entfernt, das heute zu Sheffield gehört. Spannend ist: Loxley soll die Heimat von Robin of Loxley sein, besser bekannt als Robin Hood. Ist es dann nicht naheliegend, dass die Bacon-Nachfahren auch Nachfahren des legendären Robin Hood aus Loxley sind?
Behaupten können sie es nun jedenfalls.